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27/06/2022 – Nick Cave & The Bad Seeds live in Köln

Mehrmals verschoben und dankenswerterweise von Prime in die Region geholt, trat der Hohepriester Nick Cave endlich mit seinen Bad Seeds live in der Lanxess Arena Köln auf. Die Band und der Meister selbst zeigten sich an diesem Abend in Top-Form. Nach zwei aktuellen Stücken folgte gleich als dritte Nummer From Her To Eternity, komplett mit Kreischeinlagen, atonalen Klaviertorturen und in einer extra langen Version. Ein Klassiker in der langen Laufbahn von Nick Cave! In diesem Stil wurde das Programm fortgesetzt; aktuellere Nummern der letzten Alben wurden immer wieder durchsetzt mit Hits, auf die die Fans natürlich sehnsüchtig warteten. Und toll zu hören war, dass altes und neues Material bestens live funktionierte, ohne dass in Intensität, Druck oder Spielfreude große Unterschiede auszumachen waren. Leicht klebriger Schmerzpunkt der Show war das arg erweckte O Children vom 2004er Doppel-Album Abattoir Blues / The Lyre Of Orpheus, in dem sich der eh schon ausgeprägte Gestus des Preacherman mit dem kitschigen Song leicht ungut vermengte. Andererseits hat Cave schon immer alttestamentarische Themen bearbeitet und durch Schicksalsschläge (und womöglich seine Freundschaft zu David Tibet während der Jahre in Hastings angestachelt) haben die religiösen Metaphern in seinen Liedern in den letzten Jahren zugenommen. Der ehrlich-erdigen Kraft seiner Musik hat dies nicht geschadet, und mit Warren Ellis hat Cave den genialen Sidekick fürs Songwriting und Performen (wie sich auch in Köln zeigte!) gefunden. Von den Repertoire-Tracks begeistern noch Red Right Hand und Ship Song, etwas schwächer fällt Tupelo aus, welches nicht an die Düsterkeit der Studioversion herankommt. Höhepunkt des Konzertes ist The Mercy Seat, der kongeniale Todeszellensong, der hier in einer reduziert-langsamen, aber unheimlich brodelnden Version gespielt wird, die gefühlte sieben Minuten andauerte und keine Sekunde zu lang war. Der Auftritt von Nick Cave & The Bad Seeds endet nach den wohl regulären Zugaben mit einem zweiten Encore-Block, der aus dem Spaß an der Freude spontan heraus entschieden wird (ob es so war, wer weiß?!) und von Cave entsprechend mit „OK, let’s try this“ angekündigt wird. Klarer Höhepunkt hieraus: Henry Lee, als Original mit PJ Harvey natürlich unschlagbar, aber in Köln auch sehr bewegend im Duett mit einer der Background-Sängerinnen vorgetragen. Ein denkwürdiger Abend mit tollen Momenten!
Yves