Gently Weeping #1

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Gently Weeping #1
Die Kolumne zum Klang der Gitarre – von Bandkorsett bis Noise

Bereits etliche Jahre auf dem alt.country Circus unterwegs ist die Handsome Family. Ihr aktuelles Album Honey Moon (Loose Music/RTD) klingt wie die vorherigen auch: Slidegitarren, Rührbesen-Schlagzeug, Fiddle zur Unterstreichung der melancholischen Note. Der Franzose Michel Henritzi (ehemals Betreiber von A Bruit Secret) hat mit Nothing (CDR, Dyin‘ Ghost Records 01) ein erschütternd solitäres Album an Lapsteel, Gitarre und Amp eingespielt. Jede Note vibriert in der Luft, die Akkorde schlagen ein wie Naturkatastrophen. Das Ganze ist von großer Direktheit und Zerbrechlichkeit. Toll! Wer seine regelmäßige Portion The Jesus & Mary Chain-Herzschmerz braucht, der sollte zum selbstbetitelten Album der Truppe Pains Of Being Pure At Heart (Cargo Records) greifen. Hier finden sich alle Ingredienzen: Kopfschmerzige Matschakkorde, distanzierter Gesang, rauhe Ecken und Kanten und unterschwellige Aggressivität und Melancholie in einem gefährlcihen Mischungsverhältnis. I’m happy when it rains… Auch in Schottland ist das Wetter meistens miserabel, was die Herren von Lord Cut-Glass auf ihrem selbstbetitelten Zweitling (dem ersten Abum für Chemikal Underground) zu allerhand sarkastischen Possen verleitet. Da wird von Frisuren gesungenm, die so platt wie eine Fußmatte aussehen swingende Salongrooves werden bemüht. Holy Fuck! ist ein tolles Lied vom Scheitern einer beziehung im blendenden Morgenlicht nach einer rauschenden Liebesnacht, andere Songs handeln vom sozialen Siechtum des Sängers. Auch recht fröhlich also, I-Tunes meint: Folk. Naja… Anla Courtis, der ehemalige Frontmann des argentinischen Projekts Reynols leifert einige Liveimpressionen als CDR unter dem Titel Live Action ab (auf Lee Kwang Gohs Label Herbal). Der Hinweis auf Whitehouse täuscht: es handelt sich hier nicht um Noise, sondern um, wenn gleich auch druckvolle, E-Gitarren-Drones, die mit viel Geruckele und Gedröhne eingespielt wurden. Nicht seine stärkste Arbeit aber ein nettes kleines Zeitdokument. Die wunderbar verpackte (siehe Motiv rechts oben) Mort Aux Vaches CD des US-amerikanischen Duos Yellow Swans kann nicht darüber hinweg täuschen, dass das Projekt vor allem live funktioniert. Die ausufernde Diskografie enthält zahllose Sketches, verdröhnte Kellertapes und dubiose One Off-Kollaborationen, die eigentlich nicht für die Nachwelt festgehalten werden müssten, sondern wo die Erinnerungen an die Ereignisse den Beteiligten und Anwesenden wohlige Schauer über den Rücken jagen. Ganz so arg verhält es sich mit den vier Tracks aus dem hier eingefangenen Radiokonzert zwar nicht, aber das Vorangegangene macht vielleicht etwas verständlich, wie eine solche Aufnahme im Gesamtkontext des Projekts etwas verblaßt. Auf dieser Mort Aux Vaches CD dröhnen vier längliche Powerdrones, eingespielt mit Gitarre und allerlei analogen Effekteinheiten. Unscharf, brutzelig, druckvoll, aber eben in Phasen leider auch etwas beliebig. Platte bitet trotzdem kaufen, das Cover gehört ins Museum.